Vor 10 Jahren fand das erste London Craft Beer Festival statt. Was mit 20 Brauereien und ca 1800 Besuchern angefangen hatte wurde zum ultimativen Craftbeer-Event in Grossbritannien. Während zwei Tagen werden in vier Sessions über 750 Biere (inkl Cider) von 100 Brauereien angeboten. Und das in einem historischen Gebäude, dem Tobacco Dock, einem ehemaligen Lagerhaus in Wapping, welches heute zu den Docklands gehört. Es wurde 1812 erbaut und diente als Lager für importierten Tabak. Dort fand am 12. + 13. August eines der grössten Bierfestivals Europas statt und wir waren mittendrinn.
Wir kommen am Freitag aufgrund einer Flugplanänderung bereits um 07.45 Uhr in London Heathrow an. Rasch sind wir bei den Ticketautomaten der Tube, wo wir unsere Oystercards aufladen können. Und dann geht es gut 1 ¼ Std mit der Piccadilly-Line in die Innenstadt. Ich habe fürs Frühstück in einem Café des London Breakfast Clubs reserviert, damit wir uns einen guten Start in das Wochenende gönnen können. Zum Glück haben wir reserviert, denn das Restaurant ist brechend voll. Wir genehmigen uns ein richtig grosses Frühstück – The Full Monty mit allem, was dazu gehört: Bacon, sausage, crispy homestyle potatoes, portobello mushrooms, hash browns, black pudding, beans, roasted cherry vine tomatoes, rich yolk eggs & toas. Dazu einen Cappuccino und Orangensaft. Ein wirklich guter Start in den Tag. Als wir gut 1 ½ Std später das Restaurant verlassen ist die Schlange derjenigen Leute, die auch frühstücken möchten, mindestens 50 Meter lang!

Wir haben für unseren Aufenthalt den Standort des Hotels so ausgewählt, dass wir das Tobacco Dock einfach und schnell erreichen können. Das CiticenM London Tower Bridge hat eine optimale Lage; direkt bei der London Underground (Tube), bei vielen Bushaltestellen und zu Fuss sind es nur fünfzehn Minuten zum Festival oder zur Bermondsey Beer Meile.
Nach dem Einchecken im Hotel und Zimmerbezug führte uns der Weg auf die Bermondsey Beer Mile. Bei unserem letzten Besuch im März konnten wir nicht alle Taprooms besuchen, weil noch nicht alle geöffnet waren. Und so geniessen wir das erste Bier bei Moor Beer Vaults, gehen die knapp 50 Meter weiter zu Cloudwater, welche nicht am LCBF dabei sind. Danach gibt es einen kurzen Abstecher zur Craftbeer Junction und zum Abschluss sind wir bei The Kernel Taproom Arch 7.






Da wir die ganze Strecke zu Fuss hinter uns gebracht haben, ist der Hunger gross geworden. Darum gehen wir ins The Minories, um ihn zu stillen. Dort werde ich etwas enttäuscht. Nicht von den Fish & Chips, die schmecken wunderbar. Ich will ein Real Ale, aber an den fünf Pumphähnen wir nur ein einziges ausgeschenkt! Schade! Beim Bestellen an der Bar werde ich dann auch noch darauf aufmerksam gemacht, dass das Real Ale warm sei und keine Kohlensäure hätte. Ob ich das WIRKLICH wolle. JA, GENAU DAS WILL ICH!!! Sie hätten sonst noch Birra Peroni oder das Australische Fosters, welches ich in Down Under noch nie an einem Zapfhahn gesehen habe. Und nein, das eigene vor Ort gebraute Bier gibt es auch nicht. Frust pur! So gibt es ein Guinness und ein Timothy Taylor’s Best Bitter. Auch nicht schlecht. Und die Stimmung im kleinen Biergarten bläst den Frust schnell weg.


Zurück im Hotel geniessen wir noch einen speziellen Gin Tonic in der Rooftop Bar, wo wir einen fantastischen Blick auf den Tower haben.


Der Samstag startet gemütlich bei einem ausgiebigen Frühstück. Danach geht es, nachdem wir uns mit genügend Wasser eingedeckt haben, Richtung Tobacco Dock. Die Türöffnung ist um 11.30 Uhr und wir sind um 11.00 Uhr vor Ort. Zuerst stellen wir uns beinahe an der falschen Schlange an, beim Fast Track, welche bereits 150 m lang ist. Schnell finden wir den General Admission und dort verschlägt es uns beinahe den Atem: es stehen gewaltig viele Menschen an!!! Wir sehen unser erstes Bier schon in weite Ferne rücken und stellen uns ganz hinten an. Doch bald sind wir nicht mehr zuhinterst, sondern mittendrinn. Während dem Anstehen werden bereits die Tickets kontrolliert und die Eintrittsbändel abgegeben. Man muss also nur noch für das Glas anstehen. Um 11.30 Uhr beginnt sich dann die Menge zu bewegen. Es geht in einem recht zügigen Tempo vorwärts und dank einer Art Blockabfertigung gibt es beim Beziehen der Gläser keinen Stau. Die Organisation ist perfekt und um 11.40 Uhr haben wir bereits das erste Bier zum Verkosten in den Händen.


Dank der Homepage von Jon Packer, welche uns schon in Kopenhagen zur Verfügung stand, haben wir uns im Vorfeld Gedanken gemacht, welche Biere wir unbedingt verkosten wollen. Und so starten wir unsere Bierreise durch das Festival bei der Brewers Association of America:
– Upslope Brewing Company / Lee Hill Series Vol 32 – Kriek Sour Ale / Lambic Kriek
– The Bruery Terreux / Myrtillheim / Wild Ale
Es ist zu Beginn etwas schwierig, sich auf dem Festivalgelände zurecht zu finden. Die Brauereien sind auf zwei Ebenen und zusätzlich auf vier verschiedene Bereiche verteilt. Und da die Anschriften nicht immer leserlich sind und einige Brauereien ihre Biere in den Gewölbekellern ausschenken, brauchen wir einige Anläufe, um unsere gewünschten Brauereien bzw Biere zu finden. Es hat genügend Waschstationen für die Gläser – wenn man sie findet – und da das Wasser Trinkwasserqualität hat, können wir dort auch immer wieder unsere Wasserflaschen auffüllen.



Zu Beginn ist es sehr angenehm und es hat noch nicht so viele Leute. Aber bald ändert sich das und ein Durchkommen wird schwieriger. Aber wir sind uns ja einiges vom der Mikkeller Beer Celebration Copenhagen gewohnt. Und im Gegensatz zum MBCC steht man hier nicht lange für ein Bier oder Cider an. Zum Glück ist das Wetter perfekt (32 Grad), so dass viele Leute sich draussen vor der Halle aufhalten.
Für das leibliche Wohl ist auch gesorgt. An verschiedenen Verpflegungsständen kann man sich etwas Leckeres kaufen und es drinnen in der Halle oder draussen geniessen. Wir verspeisen draussen unseren süssen, mit Schweinebauch gefüllten Berliner an einem der wenigen Schattenplätze. Kulinarisch ist dieser in Zucker gebadete Pfannkuchen mit der würzigen Fleischfüllen sehr speziell. Irgendwie very british.

Für uns ist es unterdessen in der Halle zu laut. Eine normale Kommunikation ist nicht mehr möglich und man kann sich nicht mehr richtig mit den Leuten hinter den Theken über die Biere unterhalten. Grund dafür sind die vielen Menschen und die verschiedenen Musikquellen (Livemusik, DJs, …….). Um 15 Uhr ist die 1. Session für uns fertig und wir fahren mit dem Bus zurück ins Hotel. Schliesslich müssen wir fit für die Big Night Out Session sein.

Die Ruhepause ist kurz und so fahren wir bereits nach 17 Uhr mit dem Bus Richtung Tobacco Dock. Vor der Halle treffen wir per Zufall auf unsere Freunde aus der Schweiz. Ich bin überzeugt, hätten wir vorher einen Treffpunkt abgemacht, hätten wir uns sicher nicht gefunden. Für die 2. Session haben wir ein Fast Track Ticket, dh wir haben einen eigenen Eingangsbereich. Dort stellen wir uns 30 Minuten vor Türöffnung an und sind an vorderster Front. Im Gegensatz zur Mikkeller Beer Celebration Copenhagen wird man jedoch nicht 20 Minuten früher eingelassen, sondern nur knapp fünf Minuten vor dem General Admission. Dh die hintersten in der Fast Track Line sind unter Umständen später in der Halle als die ersten des normalen Eingangs. Und so wird uns klar, dass sich diese Investition von zusätzlichen £6 nicht lohnt. Auch hier werden die Eintrittsbändel bereits verteilt und wir müssen nur noch das Glas holen. Die 2. Session verläuft ähnlich wie die erste am Vormittag. Nur dass es weniger Leute hat, was sehr angenehm ist. Immer wieder treffen wir auf unsere Freunde, stossen zusammen an, trennen uns wieder, um dann wieder zusammenzutreffen und anzustossen. Einfach genial und so macht ein Festival doppelt Spass!






Leider sind gegen 21 Uhr schon einige tolle Biere aber auch diverse Cider ausverkauft, was echt schade bzw schon ein wenig ärgerlich ist. Auch beim Essen gab und gibt es während den verschiedenen Sessions Engpässe. Zum einen muss man lange anstehen und zum anderen bekommt man zB beim Taco-Stand bereits am Freitagnachmittag nicht mehr das ganze Angebot. Dafür ist die Stimmung super ausgelassen, es wird gefeiert, gesungen und getanzt. Eine spezielle Stimmung ist bei der Vocation Brewery: dort wird in der Katakombe getanzt doch man hört keine Musik. Grund: die Leute tragen Kopfhörer und so sieht das Ganze sehr lustig aus. Doch leider gibt es bei Vocation kein Bier mehr. Tanzen macht wohl durstig. So machen wir uns gegen 22 Uhr wieder auf den Heimweg, um in einem Pub in der Nähe des Hotels noch ein Real Ale zu trinken. Leider hat mein Real Ale schon bessere Zeiten gesehen. Es schmeckt einfach nur essig-sauer. Hat eventuell mit der geringen Nachfrage zu tun und so das Bier zu lange am Hahn ist. Kurz vor Mitternacht fallen wir dann einmal mehr müde ins Bett.
Der Sonntag steht dann ganz unter dem Motto Sightseeing. Unser Weg führ uns vom Big Ben über den Buckingham Palace und Piccadilly Circus zum Covent Garden, wo sich ein Real Ale Pub von CAMRA befindet, The Harp.



Im The Harp, Covent Carden, abseits vom Touristentrubel, geniesse wir dann ein frisches und sehr köstliches Real Ale. Einfach fantastisch!




Im Wagamama Southbank lassen wir uns auf ein japanisches Gericht ein – inklusive Japanischem Bier. Ein kulinarisch genialer Ausflug. Der Abschluss macht wieder die Bermondsey Beer Mile. Ja, wir kriegen nicht genug davon. Und bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen macht es noch mehr Freude.





Zum Nachtessen sind wir im Old Thameside Inn. Wir finden sogar noch einen Platz auf der Terrasse und essen geniale Fish & Chips und trinken zwei tolle Real Ale. Bei der Bestellung an der Bar selbstverständlich mit dem Hinweis, dass das Bier warm und ohne Kohlensäure sei. So what?


Zum Abschluss dieses Wochenende gehen wir nochmals in die Hotelbar, geniessen den einmaligen Ausblick und einen fantastische Gin Tonic.

Fazit zum London Craft Beer Festival:
Am London Craft Beer Festival werden vier Sessions angeboten:
- Friday Opening Session
- Friday Opening Night
- Saturday Social
- Saturday Big Night Out
Vormittag: 11.30 – 15.30 Uhr / Abend: 18.00 – 23.00 Uhr
Preislich ist das LCBF mit £ 57.50 für den Standardeintritt und £ 64.- für den Eintritt mit Fast Track Entry nicht unbedingt günstig aber auch nicht extrem teurer als anderen Festivals die wir kennen. Im Preis inbegriffen ist das Verkostungsglas, ein Festivalplan und alle Biere bzw Cider.
Das nächste Mal würden wir nur die beiden Morgensessions besuchen, so kann man nach dem Besuch des Festivals noch gemütlich in der Stadt etwas essen gehen. Schade, dass bereits am Freitagabend bzw spätestens am Samstag gewisse Biere ’sold out‘ waren. Den Fast Track Entry empfehlen wir nicht. Besser den General Admission wählen und dafür etwas früher anstehen. Nicht vergessen, leere PET-Flaschen mitzunehmen, damit sie mit Wasser aufgefüllt werden können.
Am London Craft Beer Festival kann man Biere bekannter und weniger bekannten Britischer/Londoner aber auch internationaler Brauereien geniessen und es ist nicht ein Festival nur für beergeeks. Die Brauereien können sich präsentieren und in Szene setzen. Die einen im kleinen Rahmen (Verdant), andere grösser wenn nicht schon gigantisch (zB La Chouffe oder Budvar). Die Atmosphäre ist locker und entspannt und je später der Abend, desto ausgelassener wird gefeiert. Der Besuch hat sich mehr als nur gelohnt. See you soon!

12. – 15. August 2022